Radfahrende, seit Aufmerkende!

Uraltes deutsches Plakat, typografisch in Fraktur und deutscher Kursive gehalten: 'durch Tretstrahler erhöhte Sicherheit im Verkehr'.

So lange sich Fahrradfahrer und Autofahrer die gleiche Fahrbahn teilen, kommt es immer wieder vor, das Fahrradfahrer von Autofahrern fordistisch in das Krankenhaus oder das Grab geschubst werden — und die einzige Antwort darauf ist, dass Fahrradfahrer die Schuld für ihre oft schweren Verletzungen oder ihren vorzeitigen Tod zugewiesen bekommen und deshalb allerlei Dinge tun sollen, damit sie „sicherer“ sind.

Disclaimer: Eben gerade hat mich ein Henker mit Führerscheinhintergrund mit einem seitlichen Abstand von rd. acht Zentimetern überholt. Da hilft kein Helm, wenn es schiefgeht, und auch kein Reflektor am Lenkrad, in den Speichen, am Gepäckträger und an den Pedalen. Da wird das Skelett einmal gut durchgemischt, wenn es schiefgeht. Mit solchen Idioten bin ich beinahe jeden Tag konfrontiert. Und nein, es wird nicht besser, sondern schlimmer. Allein, wenn ich jeden Tag sehe, wie viele Henker der Straße süchtig nach Däumchenhochs und trivialen Mitteilungen auf ihre Scheißhändis glotzen und blind durch die Straßen fahren. Trotzdem wird schon seit Jahren in einer großen, allmedialen Kampagne vom Schutz der Radfahrer durch die bald einzuführende und völlig alternativlose Helmpflicht geschwärmt. Nichts wird eine solche Helmpflicht bringen. Das Problem sind Vollidioten am Steuer ihrer eingebildeten Allmacht, die ihre Lizenz zum Vergasen ihrer Mitmenschen gemacht haben und leider nicht gebremst werden. Schon gar nicht von Scheißpolitikern der BRD, die allesamt politisch mit der Autoindustrie verheiratet sind. Gut, dass mein Leben bald vorbei ist, aber kommende Generationen werden sicher noch Forderungen erleben, dass Radfahrer zu ihrem Schutz in einer Art schwerer und lästiger Ritterrüstung herumfahren müssen, und zwar mit einer grellen, gelben Rundumkennleuchte auf ihrem Fahrradhelm und einem permanent abgespielten Warnton: Hier kommt ein Radfahrer, der selbst schuld ist, wenn er von Idioten totgefahren wird.

Das tolle ev.-luth. Schneeballsystem

Milchkühe für Nomaden -- Die evangelisch-lutherische Kirche in Tansania (Ostafrika) hilft mit ihrem Entwicklungsprogramm unter anderem auch ehemaligen Nomaden zu überleben. Sie haben gelernt, Kaffee, Mais, Bohnen und Gemüse anzubauen. Zur Sicherung ihrer Ernährung wurde 1978 ein Programm gestartet, das nach dem Schneeballsystem funktioniert: Der Dorfrat teilt einer bedürftigen Familie eine Milchkuh zu, wenn für die Stallhaltung gesorgt ist. Die Kuh bleibt so lange Eigentum der Kirche, bis das erstgeborene weibliche Kalb an die nächste bedürftige Familie abgegeben wird, usw., usw. -- BROT FÜR DIE WELT-Spender finanzieren dieses erfolgreiche Programm mit. -- Postfach 476, 7000 Stuttgart 1 -- Brot für die Welt -- Konto 500 500 500 Postgiro Köln oder Banken und Sparkassen. Bei vielen Kreditinstituten liegen vorgedruckte Spendenzahlscheine aus.

Diese Bettelreklame ist von 1988, damals wurde dieses tolle ev.-luth. Schneeballsystem schon zehn Jahre lang angewendet. Wie gut es funktioniert hat, sieht man daran, dass auch dreißig Jahre später immer noch Spendengelder eingesammelt werden, bevorzugt um die Weihnachtszeit mit überall in den öffentlichen Blickraum gehängten, großformatigen Fotos niedlicher Kinder, die in die Kamera hungern. Fürwahr, ein sehr erfolgreiches Schneeballsystem. Außer vielleicht für jene, die in Afrika hungern.